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Die Geschichte der Approximationen der Zahl Pi

Fachbereichsarbeit aus Mathematik

eingereicht von Werner Scholz 8.A
betreut durch Mag. Ingrid Breyer
1993/94
GRG XIII Wenzgasse 7

3. verbesserte Version: 03.11.2001
Matheplanet Link


1. Vorwort
2. Das Altertum
2.1. Ägypten
2.2. Babylonien
2.3. Bibel (ca. 550 v.Chr.) und Talmud (ca. 500 v.Chr.)
2.4. Indien
2.5. Griechenland
2.5.1.Hippias von Elis (ca. 425 v.Chr.)
2.5.2.Hippokrates von Chios (5. Jhdt. v.Chr.)
2.5.3.Archimedes (287 - 212 v. Chr.)
3. Mittelalter
3.1. China
3.2. Indien
3.3. Arabien
3.4. Mitteleuropa
3.4.1.Nikolaus von Kues (1401-1464)
4. Neuzeit
4.1. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716)
4.2. John Wallis (1616-1703)
4.3. John Machin (1680-1751)
4.4. Leonard Euler (1707-1783)
4.5. Weitere Berechnungen
5. Das 20. Jahrhundert
5.1. Monte-Carlo-Methoden
5.1.1.Das Buffon'sche Nadelproblem
5.1.2.Wie man pi "erschießt"
6. Kuriositäten und ein Paradoxon
6.1. Untersuchung der Ziffernfolge von pi
6.1.1.Magische Quadrate
6.1.2.Kreiszahl und "Kreisbuchstaben"
6.2. Das Geheimnis der Ziffernfolge
7. Reihen und Produkte zur Approximation von pi
8. Meilensteine in der Berechnung von pi
9. Zusammenfassung
10. Anhang
11. Bibliographie

1. Vorwort

Die Idee zum Thema dieser Fachbereichsarbeit kam mir bei der Suche nach einem geeigneten Inhalt eines Referats für das Wahlpflichtfach Mathematik. Ich hatte zwar im Schulunterricht schon gehört, daß sich Mathematiker seit vielen Jahrhunderten mit der Zahl pi beschäftigen, und noch viel öfter mit dieser Zahl gerechnet, doch was wirklich für ein Aufwand hinter der Berechnung von pi steckte, war mir verborgen geblieben. So machte ich es mir zur Aufgabe, dieses Thema in meinem Referat etwas genauer zu beleuchten.

Auf die Möglichkeit, dieses Referat zu einer Fachbereichsarbeit auszubauen, machte mich erst meine Mathematikprofessorin Frau Mag. Ingrid Breyer aufmerksam. Ich möchte ihr an dieser Stelle herzlich dafür danken, daß sie mich auf diese Idee brachte, mir die Abfassung meiner ersten kleinen wissenschaftlichen Arbeit ermöglichte und mir dabei stets hilfreich und ermunternd zur Seite stand.

Weiters möchte ich Herrn Univ.-Prof. Mag. Dr. Hans-Christian Reichel danken, daß er mich auf einen Großteil des verwendeten Materials aufmerksam machte und mir selbiges zur Verfügung stellte, sodaß ich aus dem vollen schöpfen konnte und Zugang zu vielen Arbeiten über pi erhielt, die mir sonst verborgen geblieben wären.

Auch meinen Eltern möchte ich meinen Dank dafür aussprechen, daß sie mir einerseits die Ausstattung mit einem PC, auf dem ich diese Fachbereichsarbeit erstellen konnte, zur Verfügung stellten und andererseits viel Zeit geschenkt haben, damit ich auch in Ruhe meine Arbeit fertigstellen konnte.

In dieser Fachbereichsarbeit wird die Geschichte der Approximationen der Zahl pi , d.h. die im Laufe der Zeit immer genauere Bestimmung des Werts von pi beschrieben. Bedeutende Mathematiker und ihre Methoden werden dabei (möglichst in chronologischer Reihenfolge) präsentiert, sofern das mit dem mathematischen "Handwerkszeug" eines Schülers der 8. Klasse möglich und nachvollziehbar ist. Der Bogen spannt sich dabei vom antiken Ägypten bis ins Computerzeitalter des 20. Jahrhunderts, wobei die Arbeit durch zwei Computerprogramme und zwei Tabellen mit Termen zur Approximation von pi und zur Geschichte der Näherungen abgerundet wird.


2. Das Altertum

2.1. Ägypten

Die Geschichte der Approximationen von pi ist über 4000 Jahre alt (vgl. Peitgen 1992, S.172f.), und erste Ergebnisse wurden in Ägypten schon um 1850 v.Chr. im "Moskauer Papyrus" und um 1650 v.Chr. im "Papyrus Rhind" schriftlich festgehalten. Man fand beispielsweise die Näherung formula . Letzterer Papyrus enthält in Hieroglyphenschrift Aufgabentexte des Schreibers Ahmes zur Geometrie, wobei in der 50. Aufgabe die Behauptung aufgestellt wird, daß ein Quadrat, dessen Seitenlänge um formula kürzer sei als der Durchmesser eines Kreises, denselben Flächeninhalt habe wie dieser.

In moderner Schreibweise bedeutet das: formula

Vereinfachen bringt: formula

MAX BAUER (1927/28, S.3) vermutet, daß die Idee für diese Beziehung dem Vergleich von wassergefüllten zylindrischen und quaderförmigen Behältern entsprungen sein könnte. Das Produkt aus der Höhe des Wasserspiegels (bei derselben Wassermenge in den Gefäßen) und der jeweiligen Grundfläche muß gleich sein, sodaß man aus dem Verhältnis der Höhen das Verhältnis der Grundflächen der Gefäße berechnen kann.

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Eine zweite Herleitung, die dem 48. Problem des Schreibers Ahmes im Papyrus Rhind entspricht, führt folgendermaßen zur selben Näherung (vgl. Mäder 1989, S.50f.):

Der in der Skizze erkennbare Kreis hat den Radius formula . Sein Flächeninhalt beträgt ungefähr formula , da der Kreis von fünf Quadraten mit dem Flächeninhalt formula und vier Dreiecken mit dem Flächeninhalt formula annähernd ausgefüllt wird. Die Formel für den Flächeninhalt war den ägyptischen Mathematikern schon bekannt, sodaß sich daraus ergibt:

formula

Daraus folgt: formula

Es könnte aber auch schon vor der Abfassung des Papyrus Rhind bessere Approximationen gegeben haben: POSAMENTIER (The Mathematics Teacher v. 77(1); S.52,47) führt das Buch "La Science Mystérieuse des Pharaons" von Abbé Moreux (Paris 1923) an, wo auf den Seiten 28-29 eine vermutete Näherung von 3,14159294 angegeben wird. (zitiert nach Mäder 1989, S.55)

2.2. Babylonien

Ungefähr zur selben Zeit (1900-1600 v.Chr.) gab es auch schon in Babylonien erste Approximationen für pi. Eine solche Näherung stellte der Wert 3 dar. Dieser könnte durch Einschreiben eines 12-Ecks in den Einheitskreis entstanden sein: (Diese Annahme stammt aus dem "Telekolleg II Mathematik" des Bayerischen Rundfunks und des Südwest 3. In der am 6. Juli 1993 ausgestrahlten Sendung wurde diese Idee präsentiert.)

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Wie man in der Zeichnung erkennt, gelten die beiden Beziehungen:

formula und formula

Da im 12-Eck formula ist, errechnet sich der Flächeninhalt des 12-Ecks dann folgendermaßen:

formula

Damit wäre pi durch den Wert 3 approximiert.

Keilschrifttexte, die 1936 in Susa entdeckt wurden, führen für pi den Wert formula an. (vgl. Wiesenbauer 1976, S.301)

2.3. Bibel (ca. 550 v.Chr.) und Talmud (ca. 500 v.Chr.)

Der Wert der Zahl pi findet sich sogar schon in der Bibel. Im AT im 1. Buch der Könige 7, 23 heißt es:"Und er machte das Meer, gegossen, von einem Rand zum anderen zehn Ellen..., und eine Schnur von dreißig Ellen war das Maß ringsherum." pi wird hier also mit dem Wert 3 approximiert.

Im Talmud heißt es: "Was im Umfange drei Handbreiten hat, ist eine Hand breit." Auch hier wird für pi der Wert 3 angenommen. Der Rabbi Nehemiah gab 150 n.Chr. den Wert für pi mit formula an. (vgl. Wiesenbauer 1976, S.301)

2.4. Indien

Die Priesterhandbücher "Sulba-sûtras" (aus dem 8. Jhdt. v.Chr.) geben die Approximationen formula und formula ( pi ist dann formula ) an, was pi die Werte formula 3,088326 bzw. formula 3,088311 zuordnet. (vgl. Ehrenfried Hofmann 1953, S.18f.) Die Erklärung für letzteren liefert die folgende Vorgehensweise (vgl. Bauer 1928, S.)

Der Priester Baudhayana (6. Jhdt. v.Chr.) schlägt nämlich einen ganz neuen Weg bei der Umwandlung eines Quadrates in einen flächengleichen Kreis ein.

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Er verwendet (wahrscheinlich willkürlich) die Summe aus der Seitenlänge formula und der Diagonalen des Quadrates, die den Durchmesser formula des flächengleichen Kreises angeben soll. Diese läßt sich daher folgendermaßen berechnen:

formula

Nebenstehende Skizze zeigt, wie man konstruktiv zur Lösung gelangt. Da formula und formula ist formula . formula ist nun der Halbierungspunkt auf formula , sodaß formula den Radius darstellt.

Für den Radius erhält man: formula

Einsetzen in die Flächenformel des Kreises und Gleichsetzen mit dem Quadrat ergibt:

formula

Isoliert man pi , so erhält man: formula

Um 500 v.Chr. waren für pi Näherungen wie zum Beispiel formula oder noch öfter formula in Gebrauch, sodaß letzterer Wert oft als "Hinduwert" bezeichnet wird. (vgl. Mäder 1989, S.51 und Wiesenbauer 1976, S.302)

Daneben fand der "praktische" Wert 3 sehr oft Anwendung.

2.5. Griechenland

Antiphon (430 v.Chr.) war der Meinung, daß die Quadratur des Kreises und damit die exakte Bestimmung von pi möglich sein müsse, da sich jedes Polygon in ein Quadrat verwandeln läßt. Seine Idee ging nämlich davon aus, dem Kreis Vielecke mit immer größerer Seitenzahl einzuschreiben, sodaß diese schließlich nicht mehr vom Kreis unterscheidbar sind und damit der Kreis völlig "erschöpft" ist. Auf Grund dieser Vorgehensweise nennt man diese Technik "Exhaustions-Methode"  (Der Ausdruck stammt ursprünglich aus dem Griechischen. Der lateinische Ausdruck heißt "exhaurire", was herausnehmen, erschöpfen, vollenden bedeutet.). Damit legte Antiphon den Grundstein für die erfolgreiche Arbeit vieler Mathematiker in späterer Zeit nicht zuletzt des Archimedes, der eben diese Methode anwandte. (vgl. Bauer 1928, S.6)

Ein Zeitgenosse Antiphons, Bryson von Herakläa, glaubte, daß die Kreisfläche das arithmetische Mittel aus dem Flächeninhalt des um- und eingeschriebenen Vielecks sei. Obwohl wir heute wissen, daß das nicht korrekt ist, war Brysons Arbeit dennoch wichtig, da er den Begriff einer oberen und unteren Schranke einführte. (vgl. Bauer 1928, S.6)

2.5.1. Hippias von Elis (ca. 425 v.Chr.)

Seiner Idee lag die Erweiterung der klassischen Konstruktionsmethoden, die sich auf die Verwendung von Zirkel und Lineal beschränkten, durch eine neue Kurve zugrunde, mit der die Quadratur des Kreises schließlich gelungen sein soll. Die "Quadratrix" des Hippias wird mechanisch wie folgt erzeugt:

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Definition der "Quadratrix": Ein Viertelkreis mit dem Radius AB dreht sich gleichmäßig im Quadrat ABCD von D nach B um A. (Die gestrichenen Punkte geben die sich im Laufe der Bewegung ändernde Position an. C, D, E, F und G sind solche "wandernde" Punkte, wobei gleich gestrichene zum selben Zeitpunkt an der jeweiligen Position sind). Da sich gleichzeitig eine Strecke C´D´ gleichmäßig von CD aus parallel zu CD nach AB bewegt, bilden die Schnittpunkte dieser sich nach unten bewegenden Strecke mit dem sich in Richtung B aufspannenden Bogen den Ort der neuen Kurve. Die Winkelgeschwindigkeit von formula ist dabei proportional zur Geschwindigkeit, mit der sich C´D´ nach unten bewegt, sodaß C´D´ die Seite AB erreicht, wenn formula . Mit symbol ist formula gemeint.

Nach Definition gilt: formula

Die Bogenlängen verhalten sich folgendermaßen:

formula

Außerdem existiert die Proportion: formula         (1)

Weiters gilt: formula

Umformen und erweitern mit formula ergibt: formula

Verwendet man (1) und ersetzt die Quadratseite AB durch a und AF durch s, so ergibt sich:

formula

Neuerliches Umformen ergibt: formula

Unter der Voraussetzung des Limesbegriffs kann man nun den Grenzübergang für symbol gegen 0 durchführen.

formula         (2)

Der Bogen formula ist ein Viertelkreis. Seine Länge beträgt daher nach der Formel für den Kreisumfang formula , wobei dem Radius r die Seite formula entspricht. Folglich beträgt die Länge des Bogens formula , was entsprechend (2) gleichbedeutend ist mit formula  . pi ist somit durch formula definiert, wodurch sich auch die Kreisfläche bestimmen läßt.

Konkret wird durch die Strecke formula der Radius eines Kreises festgelegt, dessen Umfang genau gleich ist jenem des Quadrats, in dem die "Quadratrix" konstruiert wurde: Der Umfang des Quadrats beträgt formula . Der Umfang des Kreises mit dem Radius formula beträgt formula . Er ist also genau gleich groß wie jener des Quadrats. (vgl. Mainzer 1980, S.34)

2.5.2. Hippokrates von Chios (5. Jhdt. v.Chr.)

Er lieferte die erste präzise Definition, daß der Flächeninhalt von Kreisen immer im selben Verhältnis zum Quadrat des Durchmessers steht. Außerdem weckte er die Hoffnung, daß die Quadratur des Kreises mit Zirkel und Lineal in einer endlichen Anzahl von Schritten lösbar sei, da es ihm gelang, verschiedene "Möndchen" zu quadrieren.

Er betrachtete zunächst ein gleichschenkeliges, rechtwinkeliges Dreieck in einem Halbkreis. Die drei Viertelkreisbögen a, b und c, die das Möndchen bilden, schließen mit den Katheten beziehungsweise der Hypotenuse die drei Kreissegmente A, B und C ein. Hippokrates bewies nun, daß formula gilt.

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Der Flächeninhalt des Viertelkreissegments C läßt sich berechnen, indem man vom Flächeninhalt des Viertelkreises jenen des gleichschenkeligen Dreiecks darunter abzieht.

formula

Gemäß dem pythagoreischen Lehrsatz gilt zwischen r und t die Beziehung formula . Der Flächeninhalt des Viertelkreissegments C läßt sich folglich durch die Länge der Sehne t berechnen:

formula         (1)

Aus Symmetriegründen ist A natürlich gleich groß wie B, weshalb sich die Summe von A und B gemäß obiger Formel ausdrücken läßt, wobei t natürlich durch die neue Sehne r ersetzt wird:

formula

Da formula gilt, erhält man weiters:

formula

Da dieser Ausdruck äquivalent zu (1) ist, ist bewiesen, daß die Summe der Flächeninhalte von A und B gleich jenem von C ist. Daraus folgt, daß der Flächeninhalt des Möndchens gleich jenem des gleichschenkeligen, rechtwinkeligen Dreiecks ist: formula

Ganz ähnlich lassen sich auch Möndchen "quadrieren", denen ein Trapez zugrunde liegt. (vgl. Mainzer 1980, S.33)

Euklid (ca. 350 v.Chr.) gelang der Beweis, daß formula gilt. Doch erst Archimedes konnte rund 100 Jahre später diese Ungleichung verfeinern.

2.5.3. Archimedes (287 - 212 v. Chr.)

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(vgl. Bauer 1928, S.6ff.)

Ausgangspunkt der Berechnungen des Archimedes war der Einheitskreis, dem er regelmäßige 6-Ecke ein- und umbeschrieb. In nebenstehender Skizze erkennt man einen vergrößerten Ausschnitt dieser Konstruktion.

O sei der Mittelpunkt, A der Berührungspunkt einer Tangente, die eine Seite des umbeschriebenen 6-Ecks bildet. Da ein regelmäßiges 6-Eck aus 6 gleichseitigen Dreiecken besteht und formula als Höhe auf AC eines davon halbiert folgt, daß

formula .

Daraus folgt formula (Es ist nicht bekannt, wie Archimedes zu diesem Ergebnis kommt, er mußte aber schon gewußt haben, daß gilt.)

und weiters formula

Addition der beiden Proportionen ergibt:

formula         (1)

Nun verdoppelt man die Seitenzahl zum 12-Eck, indem man formula halbiert (stellvertretend für alle 6 Winkel in O). Daraus ergibt sich der neue Punkt D. formula ist daher eine halbe Seite des neuen 12-Ecks. Folglich gilt formula .

Weiters gilt: formula

Daraus folgt: formula

Und schließlich: formula

Nach Vertauschen der Innenglieder erhält man: formula

Einsetzen in (1) ergibt: formula         (2)

Quadrieren: formula

Und "erweitern": formula         (3)

formula ist gemäß dem pythagoreischen Lehrsatz gleich formula , was man in (3) einsetzen kann:

formula

Wurzelziehen ergibt: formula

Addition mit (2) ergibt: formula         (4)

Verdoppeln der Seitenzahl zum 24-Eck bedeutet neuerlich ein Halbieren von formula durch die Gerade OE.

Genauso, wie oben stellt man der Reihe nach folgende Proportionen auf:

formula

formula

formula

Das läßt sich nun in (4) einsetzen: formula

Und ergibt: formula         (5)

Wie vorhin "erweitert" man nun:

formula

Nun wendet man den Satz von Pythagoras an und radiziert:

formula         (6)

Mit Halbieren von formula beginnt die Prozedur von vorne:

formula

formula

formula

Wegen (5) und (6) erhält man: formula         (7)

Dann: formula

formula

formula         (8)

Nun halbiert man formula und erhält:

formula

formula

formula

Wegen (7) und (8) erhält man nun: formula         (9)

In der Skizze erkennt man, daß formula , weshalb formula ein Achtel von formula sein muß. Daraus folgt, daß wir das umbeschriebene 96-Eck des Archimedes, dessen eine Seite also GH ist, nachvollzogen haben.

Wenn man (9) erweitert, erhält man:

formula .

formula ist aber gerade formula , d.h. eine Seite des 96-Ecks, folglich ist formula genau der Umfang formula des 96-Ecks und darüber hinaus formula gerade der Durchmesser des Einheitskreises, sodaß man schreiben kann:

formula

Vertauschen der Glieder dreht auch des Ungleichheitszeichen um:

formula

Da formula ist sicherlich formula

Es ist also bewiesen, daß formula sein muß.

Die untere Grenze erhält man durch Einschreiben von regelmäßigen Polygonen. Die Skizze verdeutlicht abermals:

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Dem Einheitskreis mit Mittelpunkt O wird ein Sechseck eingeschrieben, dessen 4 Eckpunkte A, B und C auf dem Halbkreis aufgetragen sind. Da das Sechseck wieder aus sechs gleichseitigen Dreiecken besteht, gilt formula . Im Thaleskreis muß formula ein rechter Winkel sein, sodaß formula und damit formula .

Folglich gilt: formula         (10)
(Der Ursprung dieser Näherung ist unbekannt, doch Archimedes wußte offensichtlich schon, daß gilt.)

AD halbiert formula und hat mit BC den Schnittpunkt S, sodaß die beiden Dreiecke ABD und BDS entstehen. formula ist natürlich gleich formula , da AD nach Voraussetzung formula halbiert, formula ist aber der (gleich große) Normalwinkel zu formula , woraus folgt, daß formula gleich formula ist. Weiters haben beide Dreiecke einen rechten Winkel, sodaß sie ähnlich sein müssen. Daraus lassen sich folgende Proportionen ableiten:

formula

formula         (11)

Gemäß dem Strahlensatz gilt: formula

Vertauschen der Innenglieder bringt: formula

Folglich gilt: formula         (12)

Addition von (11) und (12) ergibt formula

formula         (13)

Nach Voraussetzung gilt: formula

Addiert man (10) hinzu, so folgt: formula

Gemäß (13) gilt daher: formula         (14)

Quadrieren und "Erweitern" bewirken:

formula

Anwendung des Satzes von Pythagoras:

formula

Und Wurzelziehen: formula

Oder vereinfacht angeschrieben: formula         (15)

formula wird nun von AE halbiert, sodaß sich die Seitenzahl des eingeschriebenen regelmäßigen Polygons zum 12-Eck verdoppelt. Obigem Schema folgend erhält man:

formula

Addition von (14) und (15) ergibt: formula

Daraus folgt: formula

Erweitern der rechten Seite mit formula und Zusammenfassen ergibt:

formula         (16)

Quadrieren und anschließende Anwendung des pythagoreischen Lehrsatzes ergeben:

formula

formula         (17)

Neuerlich wird halbiert und durch Verwendung von (16) und (17) gelangt man zu:

formula

Aus dem Erweitern mit formula folgt: formula         (18)

Quadrieren: formula

Und "Erweitern": formula

Satz von Pythagoras: formula

Und Radizieren: formula         (19)

Zuletzt geht man zum 96-Eck über, indem man nochmals halbiert:

Addition von (18) und (19) und übliches Umformen ergeben:

formula

Quadrieren und die Anwendung des Satzes von Pythagoras führen zu:

formula

Vereinfachen und Umdrehen der Glieder erzeugt: formula

Da formula eine Seite des 96-Ecks ist, kann man folgende Proportion aufstellen:

formula

Damit ist bewiesen, daß das Verhältnis formula des eingeschriebenen 96-Ecks kleiner ist als formula .

Führt man dieses Ergebnis nun mit dem Resultat aus dem umgeschriebenen 96-Eck zusammen, so erhält man die berühmte Ungleichung des Archimedes:

formula

Appollonius von Perga (262-190 v.Chr.) soll den Wert formula gefunden haben, welcher später auch immer wieder in Indien auftaucht und mit jenem des Ptolemäus übereinstimmt. Seine Berechnungsmethode ist jedoch unbekannt. (vgl. Boyer 1968, S.158)

Heron von Alexandria (um 100 n.Chr.) gelang es angeblich, die Methode des Archimedes zu verfeinern, sodaß er zur folgenden Approximation gelangte: formula . Es ist aber nicht vollständig geklärt, ob dieser Ausdruck wirklich von ihm stammt. (vgl. Ehrenfried Hofmann 1953, S.38)

Der griechische Astronom Claudius Ptolemäus (2. Jhdt. n.Chr.) nützte die Vorarbeit des Archimedes und setzte dessen Methode bis zum 720-Eck fort. Damit erreichte er für pi die Näherung formula .


3. Mittelalter

3.1. China

Hier begnügte man sich lange Zeit mit dem Wert 3 als Approximation für pi , die im "Heiligen Buch der Rechenkunst" "Chou-pei-suan-ching" festgehalten wurde. (vgl. Bauer 1928, S.4)

Liu Hui fand im Jahre 264 n.Chr. mit Hilfe eines 192-Ecks und der bewährten Methode des Archimedes, daß die Ungleichung formula gilt. Als er ein 3072-Eck benützte, approximierte er pi mit dem Wert 3,14159. (vgl. Wiesenbauer 1976, S.302)

Der Astronom Tsu Chu'ung-Chi (430-501) und sein Sohn Tsu Keng-Chi fanden den Ausdruck formula und die Näherung formula , die immerhin 6 richtige Nachkommastellen aufweist und der "beste" Bruch ist, dessen Faktoren kleiner als formula sind. Über den Ursprung des recht einfachen Bruches gibt es nur Vermutungen, die besagen, daß Tsu einfach die bekannten Brüche von Ptolemäus und Archimedes verwendet hat und die Differenz der Zähler und Nenner bildete: formula (vgl. Wells 1991, S.49)

3.2. Indien

Auch der indische Mathematiker Brahmagupta (geboren 598 n.Chr.) fand den Wert formula , indem er die Summe der Seitenlängen von 12-, 24-, 48- und 96-seitigen Polygonen, die er einem Kreis mit dem Durchmesser 10 E einschrieb, berechnete. Diese ergeben formula und formula . Weiters nahm er an, daß dies schließlich zu formula , dem Kreisumfang, führen würde. Für pi ergäbe sich dann der Wert formula (vgl. Castellanos 1988, S.68 )

Um 510 n.Chr. gab Aryabhatiya folgende Regel zur Bestimmung von pi an: "Addiere 4 zu 100, multipliziere mit 8, und addiere 62 000. Das Resultat ist der ungefähre Wert des Umfanges eines Kreises mit dem Durchmesser 20 000." (vgl. Kaiser 1984, S.146) pi wird also mit formula approximiert, einem Wert, der auch im Paulisha Siddhanta aufscheint und mit jenem des Ptolemäus (siehe Seite formula ) übereinstimmt. Bei Aryabhatiya findet man auch eine Aufgabe, die einem Kreis mit dem Radius 3438 E einen Umfang von 21600 E zuordnet, was für pi den Wert formula 3,14136 bedeutet. Im "Bahmasphuta Siddhanta" wird der Radius bei identischem Umfang mit 3270 E angegeben, was für formula ergibt. (vgl. Boyer 1968, S.241) Schließlich verwendet auch Bhaskara um 1150 diesen Wert als einen exakten für pi , während er den Bruch formula , den Archimedes als erster berechnete, als grobe Näherung angibt.

3.3. Arabien

Ibn Alhaitam (958-1038) behandelte selbständig die Quadratur des Kreises. (vgl. Bauer 1928, S.13f.)

Dem Perser Jemshid Al-Kashi gelang es um 1430 n.Chr. sechzehn Dezimalstellen von pi korrekt zu berechnen. (vgl. Wiesenbauer 1976, S.302)

Den Arabern verdanken wir aber in erster Linie die Überlieferung der Ergebnisse von griechischen und indischen Mathematikern.

3.4. Mitteleuropa

Leonardo von Pisa (1170-1240?), genannt Fibonacci, gelang es lediglich drei korrekte Dezimalstellen von pi zu ermitteln.

3.4.1. Nikolaus von Kues (1401-1464)

(vgl. Pech 1989, S.10f.) Dieser Kardinal und zu seiner Zeit bedeutende Gelehrte wird in der Literatur oft mit seinem latinisierten Namen Cusanus erwähnt. Anfangs betrachtete er 3,1423 als den exakten Wert von pi , doch die folgende Methode erlaubte ihm, pi beliebig genau zu approximieren.

Einem Kreis wird ein regelmäßiges n-Eck eingeschrieben, sodaß dessen Umfang 1 ist.

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Aus nebenstehender Skizze ersieht man: formula bezeichnet den Inkreisradius, formula den Umkreisradius, formula die Seitenlänge des regelmäßigen n-Ecks (wobei nach Voraussetzung gilt: formula ), M den Mittelpunkt des Umkreises und formula den Zentriwinkel A1MA2 des n-Ecks, der sich durch formula berechnen läßt.

Gemäß dem Peripheriewinkelsatz gilt: formula         (1)

formula ist also der Zentriwinkel des 2n-Ecks, womit der Schritt vom n-Eck zum 2n-Eck vollzogen wäre. Im 2n-Eck gilt aber noch immer, daß formula , weshalb der Umfang nun 2 wäre. Um den Umfang wieder auf 1 zu reduzieren, muß man formula im Verhältnis 2:1 verkleinern.

Folglich ergibt sich: formula         (2)

In formula gilt auf Grund des pythagoreischen Lehrsatzes:

formula         (3)

In formula gilt aus demselben Grund: formula         (4)

formula kann man sich nun durch (3) ausdrücken, in (4) einsetzen:

formula

Und ausmultiplizieren: formula

formula ist entsprechend (2) gleichbedeutend mit formula

Schließlich erhält man: formula  . Die zweite Folge (2) lautet: formula

Somit haben wir zwei gekoppelte rekursive Folgen erhalten, in die man beispielsweise die Werte für ein Quadrat einsetzen kann. Auf diese Weise erhalten wir die beiden Folgen:

formula

formula

Beide Folgen konvergieren gegen 0,159115..., was einen Näherungswert für formula darstellt, da der Inkreis- und Umkreisradius des n-Ecks jenem des Kreises immer näher kommen. Da nach Voraussetzung formula ist, ergibt sich für den Radius formula , ein Wert der von den obenstehenden Folgen beliebig genau angenähert wird.


4. Neuzeit

Adriaen Metius entdeckte zufällig die Näherung formula , als er das arithmetische Mittel von Zähler und Nenner der beiden Näherungen formula und formula , die auf Berechnungen seines Vaters beruhten, bildete. Diesen Wert hatte aber schon mehr als 1000 Jahre vor ihm Tsu Ch'ung-Chi gefunden.

Der deutsche Astronom Georg Joachim von Lauchen, genannt Rhäticus (1514-1576), da er in Rätien, dem heutigen schweizer Kanton Graubünden geboren war, erstellte fünfzehnstellige Tafeln von trigonometrischen Funktionen, durch die erstaunlich genaue Werte für pi berechnet werden können.

Wie bei Eulers Berechnungsmethode noch gezeigt wird gilt, daß formula , d.h. formula für sehr kleine symbol . Da ein Halbkreis einen Winkel von formula überstreicht, kann man den von Rhäticus für formula angegebenen Wert 0,000048481368092 mit 64 800 multiplizieren und erhält sodann 3,1415926523, was auf 8 Dezimalstellen mit dem tatsächlichen Wert übereinstimmt. (vgl. Castellanos 1988, S.68)

Tycho de Brahe (1546-1601), ein dänischer Astronom, nahm für pi den Wert formula an.

Im Jahre 1592 stellte François Viète, lateinisch Vieta genannt, der "Vater" der modernen Algebra, erstmals eine geschlossene Formel vor, die sich leicht aus einem unendlichen Produkt, das Leonard Euler (siehe dort) rund 150 Jahre später fand, ableiten läßt.

4.1. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716)

1673 fand G.W. Leibniz die einfache, aber nur sehr langsam konvergierende Formel formula , die sich mit Hilfe der Potenzreihe des Arcustangens ableiten läßt.

Um die Potenzreihe von formula zu bilden differenziert man zuerst formula implizit:

formula

y' läßt sich nun gemäß der Formel für unendliche geometrische Reihen formula in eine Potenzreihe verwandeln. q ist dann formula , sodaß sich folgende Potenzreihe ergibt:

formula

Integriert man diesen Ausdruck gliedweise, so ergibt sich:

formula

Setzt man nun formula , so erhält man wegen formula Leibniz' Ausdruck:

formula

Um die schlechte Konvergenzgeschwindigkeit zu erhöhen, kann man kleinere Werte für x einsetzen, sodaß man beispielsweise aus formula die schon um einiges schneller konvergierende Reihe

formula

erhält.

4.2. John Wallis (1616-1703)

Er fand den Ausdruck formula , der sich wie folgt ableiten läßt. (vgl. Möwald 1993, S.117f.)

Zuerst betrachtet man das Integral formula , wobei formula ist. formula kann man nun durch formula ersetzen und partiell integrieren:

formula

Da auf der rechten Seite noch einmal der Term formula auftritt, kann man ihn auf die linke Seite bringen und anschließend den ganzen Ausdruck vereinfachen:

formula

Diese Rekursionsformel bildet Wallis' Grundlage der Approximation von pi .

Weiters bezieht er sich auf folgende Beziehung, die für formula und formula gültig ist: formula         (1)

Sie läßt sich damit begründen, daß alle Funktionswerte der Sinus-Funktion im Intervall [0;1] liegen und daher zu einer positiven Potenz erhoben kleiner werden. Je größer diese Potenz ist, umso kleiner wird daher auch der potenzierte Funktionswert, woraus sich obenstehende Ungleichung ergibt.

Setzt man nun die Grenzen der Integration mit 0 und formula fest, so kann man folgendermaßen umformen:

formula

Zuerst setzt man gemäß (1) formula , sodaß man vereinfachen kann:

formula

formula

formula

formula

formula

Schließlich erhält man folgendes unendliches Produkt:

formula

Setzt man gemäß (1) nun formula , so kann man wieder vereinfachen:

formula         (3)

Schließlich setzt man (2) und (3) in (1) ein und erhält:

formula         (4)

Beim Grenzübergang von k nach formula wird der rechte Term 1, da

formula

ist.

Für (4) ergibt sich somit:

formula

Das bedeutet weiters, daß der Ausdruck in der Mitte gegen 1 strebt:

formula

Isoliert man pi , so erhält man die Produktdarstellung von Wallis:

formula

Ein erbitterter Gegner von Wallis' war der englische Philosoph Thomas Hobbes (1588-1679), der sich 25 Jahre lang mit Wallis vornehmlich in Form von Briefen bekriegte, in denen sie ihre neuesten Theorien und Berechnungen festhielten und versuchten, diejenigen des "Gegners" zu widerlegen.

Um 1700 herum war Jacob Marcelis der Meinung, daß es ihm gelungen sei, den Kreis zu quadrieren, und damit den exakten Wert für pi zu bestimmen. Diesen gab er mit formula an. (vgl. Wells 1990, S.52)

4.3. John Machin (1680-1751)

1706 gelang John Machin ein Geniestreich: Auf Grund der folgenden sehr effektiven Berechnungsmethode konnte er 100 korrekte Dezimalstellen erzielen. (vgl. Peitgen 1992, S.177)

Eine weitere Möglichkeit, die Konvergenz der Arcustangens-Reihen zu verbessern, besteht nämlich darin, unter Verwendung des Additionstheorems formula folgendermaßen vorzugehen:

Setzt man willkürlich formula , so berechnet man leicht nach obiger Beziehung

formula

und weiters

formula         (1)

Außerdem erhält man unter Berücksichtigung von formula

formula

aus selbiger Beziehung.

Unter Anwendung des Arcustangens erhält man daraus:

formula

Schließlich gelangt man mit Hilfe von (1) zu:

formula

Dieser Ausdruck stellt bereits eine sehr effiziente Berechnungsmethode dar, wenn man dabei die Potenzreihe des Arcustangens (siehe Seite formula ) benützt.

Erst 1958 entdeckte G.F. FREEMAN (Math. Gazette 42, S.285) folgende noch schneller konvergierende Formel (zitiert nach Koecher 1987, S.162)

formula

Genauso gut eignet sich auch die Potenzreihe (Taylor-Reihe) des Arcussinus zur Approximation von pi : (vgl. Bronstejn u.a. 1991, S.372)

formula

Letzterer Ausdruck läßt sich nun gemäß dem binomischen Lehrsatz

formula

in die folgende unendliche Potenzreihe verwandeln:

formula

Durch gliedweises Integrieren gelangt man zu:

formula

Man erhält schließlich:

formula

Nun kann man wieder beliebige Werte für x einsetzen und erhält so entsprechende Reihen zur Approximation von pi . Für formula ergibt sich:

formula

4.4. Leonard Euler (1707-1783)

Euler war der erste, der für das Verhältnis des Umfangs zum Durchmesser eines Kreises den griechischen Buchstaben für p, nämlich pi , verwendete. Der Grund für diese Bezeichnung dürfte sein, daß der Umkreis griechisch "periphereia" heißt und der Umfang des Einheitskreises genau pi ist. (KAISER gibt für die "Erfinder" des Symbols pi zwei englische Mathematiker namens William Oughtred und Issac Barrow an, die den Umfang des Kreises mit pi bezeichneten. Erst der Schriftsteller William Jones soll 1706 pi als Symbol in unserem heutigen Sinn verwendet haben.)

Euler fand die Beziehung formula , die eine Voraussetzung für Lindemanns Beweis der Transzendenz von pi ist. Auch die folgende stammt von ihm: formula und ein unendliches Produkt, in dem nur Primzahlen auftreten: (vgl. Wells 1990, S. 54)

formula

Darüber hinaus fand er auch die Beziehung formula , mit der sich pi approximieren läßt, und durch die man bei der im folgenden ausgeführten Vereinfachung zu Vietas Produktdarstellung von pi gelangt.

formula         (1)

denn (vgl. Bronstejn 1991, S.182):

formula         (2)

Das heißt: formula

entsprechend (1) gilt weiter: formula , was sich wieder mit (2) beweisen läßt. Da sich diese Umformung beliebig fortsetzen läßt, erhält man schließlich einen Ausdruck von der Form:

formula         (3)

Der Term formula konvergiert gegen 1, sodaß man zuletzt aus (3) Eulers Ausdruck erhält: formula         (4)

(vgl. Castellanos 1988, S. 68ff.)

graphics
Die Konvergenz des Ausdrucks formula läßt sich folgendermaßen beweisen:

Wie in der Skizze erkennbar gilt folgende Ungleichung:

formula

Die Bogenlänge kann man durch den Winkel im Bogenmaß, und die beiden Strecken durch die entsprechenden Winkelfunktionen im Einheitskreis angeben:

formula

formula für formula

Das ist äquivalent: formula

Division durch formula ergibt: formula

Nun läßt man formula gehen und erhält formula

Da formula kann man vereinfachen: formula

formula ist somit bewiesen. Da formula ist, bedeutet das weiters, daß formula sein muß.

Setzt man nun in (4) formula , so erhält man formula         (5)

Gemäß der Beziehung formula kann man den Ausdruck umformen:

Da formula gilt: formula

Weiters formula

Und auch: formula

Ersetzt man die entsprechenden Terme in (5), so erhält man den Ausdruck, den schon François Viète im Jahre 1593 fand:

formula

Die Konvergenz dieses Ausdrucks konnte aber erst F. Rudio im Jahre 1891 beweisen.

4.5. Weitere Berechnungen

Im 16. Jahrhundert berechnete Ludolph van Ceulen (1540-1610) zuerst 15, dann 20, später 32 und schließlich sogar 35 Dezimalstellen mit Hilfe der Methode des Archimedes, die er auf ein formula -Eck, ein formula -Eck bzw. ein formula -Eck anwandte. Sein Werk wurde gleich zweifach gewürdigt: Erstens ließ seine Witwe das Ergebnis seiner Berechnungen in den Grabstein ihres Gatten einmeißeln, und zweitens erhielt pi die Bezeichnung "Ludolph'sche Zahl". (vgl. Ehrenfried Hofmann 1953, S.129)

Der Niederländer van Roomen errechnete um 1600 auf der Grundlage eines formula -Ecks fünfzehn Dezimalstellen von pi .

Snell(ius) und Huygens verfeinerten schon bekannte Verfahren vor allem mit Hilfe der weiterentwickelten Trigonometrie. 1621 fand Snellius durch eine Kombination von ein- und umbeschriebenen regelmäßigen Vielecken den Ausdruck formula , in den man für t einen beliebigen Winkel, der sich durch pi ausdrücken läßt, einsetzen kann, sodaß man durch eine entsprechend genaue Berechnung der Winkelfunktionen beliebig enge Grenzen für pi finden kann. (vgl. Ehrenfried Hofmann 1953, S.129)

Newton gelang es 1666 die ersten 16 Stellen von pi zu berechnen, indem er die ersten 20 Summanden in

formula

berücksichtigte.

Johann Heinrich Lambert gelang es im Jahre 1761, die Irrationalität von pi zu beweisen. (vgl. Boyer 1968, S.505)

Zuerst zeigte er, daß formula nicht rational sein kann, wenn formula ist. Daraus folgerte er, daß formula nicht rational sein kann, wenn formula rational ist, wie dies in dem Ausdruck formula der Fall ist. Nach dem Beweis dieses Ausdrucks schloß Lambert, daß formula und damit auch pi nicht rational sein können.

Mit Hilfe von Kettenbrüchen konnte er auch die besten Approximationen in Form von Brüchen berechnen. Dazu zählen beispielsweise formula oder noch genauer formula

Johann Dase (1824-1861), der als Rechengenie bekannt war, berechnete in weniger als zwei Monaten 200 Dezimalstellen von pi . Auf Empfehlung von C.F. Gauß fand er später eine Anstellung, bei der er Tafeln für Logarithmen- und Hyperbelfunktionen berechnete.

Im Jahre 1853 fand William Shanks mit der selben Formel, wie Machin sie benützt hatte, 707 Stellen der Dezimalbruchentwicklung von pi . Später fand man aber heraus, daß er sich ab der 528. Stelle verrechnet hatte. Shanks widmete sich aber auch der hochgenauen Berechnung von Logarithmen, von denen er bis zu 137 Dezimalstellen fand, und er bestimmte den Wert von formula .

In jener Zeit wurde erstmals auch die Ziffernfolge von pi genauer untersucht. Dabei fiel Auguste de Morgan auf, daß die Ziffer 7 nur 44 mal im Gegensatz zum erwarteten Mittelwert von etwa 71 mal in Shanks' für pi errechnetem Wert auftrat, was an dessen Rechenfehler lag. (vgl. Wells 1990, S. 51)

1882 zeigte Lindemann (1852-1939) mit seinem Beweis der Transzendenz von pi , daß pi keine Lösung einer algebraischen Gleichung, das heißt einer Gleichung mit reellen Koeffizienten und einer endlichen Anzahl von Gliedern ist. (vgl. Boyer 1968, S.603)

Den folgenden nur skizzierten Beweis veröffentlichte er in dem Artikel "Über die Zahl pi " in den "Mathematischen Annalen" in München.

Zuerst bewies Lindemann, daß die Lösung von formula nicht algebraisch sein kann. Er wußte aber, daß pi dieser Gleichung genügte (das hatte schon Newton bewiesen), woraus er folgerte, daß pi keine algebraische Zahl sein kann.


5. Das 20. Jahrhundert

1945 wies Ferguson den oben schon erwähnten Fehler in Shanks' Berechnungen mit Hilfe eines "Tischrechners" nach. Die Nachkriegszeit wurde also auch zum Computerzeitalter, das die immer genauere Berechnung von pi ermöglichte.

Vier Jahre später rechnete ENIAC neunzig Stunden lang an den ersten 2037 Stellen von pi ohne dabei einen Fehler zu machen.

Am 29. Juli 1961 wurden auf einer IBM 7090 in New York 100 265 Dezimalstellen von pi berechnet. Die Rechenzeit betrug nur noch 8 Stunden.

1967 berechnete der französische Computer CDC 6600 nicht weniger als 500 000 Stellen von pi .

1988 waren es bereits formula Stellen, die Yoshiaki Tamura und Tasumasa Kanada mit einem Computer berechneten. (vgl. Wells 1990, S.54f.)

Ihrem Algorithmus liegen Untersuchungen von Gauß zum arithmetischen und geometrischen Mittel zugrunde, was sie schließlich zu folgender Schleife führte:

  1. Y:=A
  2. A:=(A+B)/2
  3. B:=sqrt(B Y)
  4. C:=C-X(A-Y)2
  5. X:=2X

Die Startwerte sind:

Durchläuft man die Schritte 1 bis 5 nacheinander, so ergibt sich nach jedem Durchlauf die immer bessere Approximation formula .

1986 berechnete Kanada 133,5 Millionen Stellen. Zur Erstellung des neuen Programms benötigte er rund 8 Monate, der Computer arbeitete 37 Stunden lang und druckte das Ergebnis auf 20 000 Blatt Papier aus.

5.1. Monte-Carlo-Methoden

Unter dieser Bezeichnung werden alle Verfahren zusammengefaßt, die sich der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik bedienen, um einen Sachverhalt mit einer großen Anzahl von Versuchen bei einem Zufallsexperiment (daher die Bezeichnung mit dem Namen des Casinoparadieses) nachzuweisen.

5.1.1. Das Buffon'sche Nadelproblem

(vgl. Kranzer 1989, S.196 und Mäder 1989, S.54f.) Der Biologe George Louis Leclerc, Comte de Buffon, (1707-1788) warf im Jahre 1777 ein Problem auf, mit dem sich pi rein statistisch approximieren läßt.

Bei diesem Zufallsexperiment wird eine Nadel auf eine Schar paralleler Linien geworfen, deren Normalabstand genau die Länge der Nadel beträgt. Nun stellt sich die Frage, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, daß die Nadel eine der Geraden berührt oder schneidet.

Hat man n-mal geworfen und m-mal das Querliegen registriert, so kommt der Quotient formula dem Wert von formula umso näher, je größer die Anzahl n der Versuche ist. Das heißt, daß formula gegen formula strebt.

graphics
Wie in nebenstehender Skizze erkennbar, sind drei der Geraden eingezeichnet und mehrere Nadeln, von denen die oberste stellvertretend für alle übrigen beschriftet ist. M bezeichnet den Mittelpunkt der Nadel, d die halbe Nadellänge, x die Entfernung der näheren Geraden von M (die weiter entfernte Gerade kann aus Symmetriegründen vernachlässigt werden) und 2d die Entfernung von zwei parallelen Geraden, die definitionsgemäß doppelt so groß wie die halbe Nadellänge d ist. symbol bezeichnet jenen Winkel, der von der Nadel und der Geraden eingeschlossen wird.

Alle möglichen Lagen der Nadel lassen sich somit durch zwei Ungleichungen darstellen:

formula und formula ,
wobei formula , was gleichbedeutend ist mit formula . Das bedeutet, daß x auch kleiner sein kann, was der Fall ist, wenn die Nadel eine Gerade schneidet und nicht nur berührt.

graphics
Da die beiden Parameter symbol und x in letztgenannter Beziehung stehen, lassen sie sich in einem Koordinatensystem darstellen, wie es nebenstehend abgebildet ist. Die gesuchte Wahrscheinlichkeit läßt sich nun durch den Quotienten des Flächeninhalts des Rechtecks, der alle möglichen Lagen der Nadel bezeichnet, und der Fläche unter der Sinus-Kurve, die die "günstigen" Lagen, bei denen die Nadel eine Gerade schneidet, bezeichnet, berechnen:

Der Flächeninhalt des Rechtecks ist formula .

Jener unter der Sinus-Kurve errechnet sich aus:

formula

Der Quotient formula läßt sich daher vereinfacht anschreiben:

formula .

Damit ist bewiesen, daß die Wahrscheinlichkeit, daß die Nadel eine Gerade berührt oder schneidet formula ist.

Der Italiener Lazzerini warf 1901 die Nadel 3408 mal und erreichte damit die ersten sechs Nachkommastellen von pi , nämlich 3,1415929. R. Wolf (1850) erreichte in Zürich mit 5000 Würfen den Wert 3,1596 (siehe Handbuch der Astronomie S.127; Mitteilungen der Berner Naturf. Gesellschaft 1850; S.85 und 209; zitiert nach Castellanos 1988, S.157f.), Smith (1855) mit 3204 Würfen 3,1553 und Fox (1894) mit 1120 Würfen für pi den Wert 3,1419. (vgl. Mäder 1989, S.54)

Ein Schüler von de Morgan soll bei 600 Versuchen den Wert 3,137 für pi erhalten haben.

5.1.2. Wie man Pi "erschießt"

Man kann pi aber nicht nur "erstechen", sondern auch "erschießen". Das folgende Verfahren beschrieb A. K. DEWDNEY 1988 (S.56ff.)

pi wird approximiert, indem man einem Quadrat einen Viertelkreis einschreibt und hernach mit Zufallspunkten "beschießt". Das Verhältnis der Punkte, die innerhalb des Kreisbogens liegen, zur Gesamtzahl der abgegebenen Schüsse nähert sich bei wachsender Schußzahl dem Verhältnis der Flächeninhalte von Viertelkreis und Quadrat. Folglich kann man sich pi aus diesem Verhältnis berechnen.

Am einfachsten ist es, dieses Verfahren am Computer mittels einer geeigneten Programmiersprache zu simulieren. Das nachfolgende Turbo-Pascal Programm ist ausführlich kommentiert, doch die Grundstruktur soll hier noch einmal skizziert werden:

graphics
Am Bildschirm wird ein Quadrat gezeichnet, dem ein Viertelkreisbogen eingeschrieben wird. Nun "beschießt" man dieses Quadrat mit Zufallspunkten. Dazu läßt man den Computer mit Hilfe eines Zufallszahlengenerators Werte für die x-Koordinate und y-Koordinate des Punktes im Intervall [0;1] finden. Anschließend wird der Punkt am Bildschirm eingezeichnet, sodaß man die Verteilung selbst auf "Zufälligkeit" überprüfen kann, und der Zähler schuesse erhöht. (Selbstverständlich kann auch der Computer keine echten Zufallszahlen finden. Vielmehr ermittelt er aus Datum, Uhrzeit und einem geeigneten Algorithmus eine Pseudozufallszahl, deren Qualität aber durch die graphische Darstellung überprüfbar wird. Sollten sich nämlich bestimmte Muster am Bildschirm erkennen lassen, so liegt ein schlechter Zufallszahlengenerator vor. In der aktuellen Turbo-Pascal Version 7.0 ist mir das aber nicht aufgefallen.) Die Entfernung vom Mittelpunkt M läßt sich nun mit Hilfe des pythagoreischen Lehrsatzes berechnen: formula . Da man als Radius 1 E angenommen hat, kann man sich das Wurzelziehen ersparen, wodurch die Programmgeschwindigkeit optimiert wird. Ist d nun kleiner als 1, so liegt der betreffende Punkt innerhalb des Viertelkreises und der Zähler treffer wird erhöht. Alle zehn Schüsse wird die neue Approximation für pi am Bildschirm ausgegeben. Das Programm schießt so lange, bis der Benützer eine Taste drückt oder ein Überlauf des Schußzählers droht.

program PI_APPROXIMATION_NACH_DER_MONTE_CARLO_METHODE
uses crt, graph;        {Textmodus- und Grafikbefehle einbinden
var
  schuesse, treffer, mittex, mittey, anzeige :word
  x, y:real;          {Koordinaten des Schusses
  ein:char;            {Eingabepuffer
const
  rad=100;        {Radius des Viertelkreises angeben
function IntToStr(I:real;stellen, nachkomma:byte): String
{Umwandlung von Zahlen in strings. stellen gibt die Gesamtzahl der ausgegebenen Stellen, nachkomma die Zahl der
Nachkommastellen an
var S: string[11]
begin
  Str(I:stellen:nachkomma, s)
  IntToStr := S
end
procedure init;  {Initialisierung des Grafikbildschirms und der Variablen
var karte, modus:integer
begin
  detectgraph(karte, modus);  {Grafikkarte identifizieren
  initgraph(karte, modus, 'c:\tp\BGI'); {Grafikmodus initialisieren. Pfad zu den Treibern angeben!
  setfillstyle(0, white);    {Füllmodus Hintergrundfarbe setzen

  mittex:=getmaxx div 2;  {x-Koordinate der Bildschirmmitte
  mittey:=getmaxy div 2;  {y-Koordinate der Bildschirmmitte
end

procedure reset
begin
  cleardevice
  rectangle(mittex - rad - 1, mittey - rad - 1, mittex + rad + 1, mittey + rad + 1); {Quadrat, das ,beschossen" wird, zeichnen
  arc(mittex - rad - 1, mittey + rad + 1, 0, 90, 2*rad + 2); {Viertelkreisbogen zeichnen
  outtextxy(mittex - rad - 20, mittey + rad + 10, '(0|0)');  {Beschriftung
  outtextxy(mittex + rad - 15, mittey + rad + 10, '(1|0)');  {der ,Zielscheibe"
  outtextxy(mittex - rad - 20, mittey - rad - 15, '(0|1)');  {mit Koordinaten

  outtextxy(mittex - 100, mittey + 140, 'Schüsse:')
  outtextxy(mittex , mittey + 140, 'Treffer:')
  outtextxy(mittex + 100, mittey + 140, 'Approximation für pi:')

  outtextxy(mittex - 185, mittey - 160, 'pi-Approximation nach der Monte-Carlo-Methode')
  outtextxy(mittex - 200, mittey + 180, 'Drücken Sie [pi] für Pause und Einzelschritt, ')
  outtextxy(mittex - 104, mittey + 190, '[n] für Neustart und')
  outtextxy(mittex - 104, mittey + 200, '[ESC], um zu beenden!')

  randomize;        {Zufallszahlengenerator initialisieren
  ein:=chr(32)
  anzeige:=10
  schuesse:=0
  treffer:=0;        {Variable zurücksetzen
end

procedure schiessen
begin
  x:=random;        {x-Koordinate zufällig im Intervall [0;1] ermitteln
  y:=random;        {y-Koordinate zufällig im Intervall [0;1] ermitteln
  putpixel(round(mittex - rad + x*2*rad), round(mittey + rad - y*2*rad), lightblue); {Punkt den Koordinaten entsprechend am
  Bildschirm setzen
  inc(schuesse);        {Schußzähler erhöhen
  if (x*x + y*y) < 1 then inc(treffer); {Innerhalb des Viertelkreises? Dann Zähler erhöhen
end

procedure approximieren;    {Anzahl der Schüsse und die Approximation für pi ausgeben
begin
  bar(mittex - 100, mittey + 140 + 10, mittex - 100 + 38, mittey + 140 + 16)
  outtextxy(mittex - 100, mittey + 140 + 10, inttostr(schuesse, 5, 0))
  bar(mittex , mittey + 140 + 10, mittex + 38, mittey + 140 + 16)
  outtextxy(mittex , mittey + 140 + 10, inttostr(treffer, 5, 0))
  bar(mittex + 100, mittey + 140 + 10, mittex + 100 + 65, mittey + 140 + 16)
  outtextxy(mittex + 100, mittey + 140 + 10, inttostr(treffer/schuesse*4, 8, 6))
end

begin
  init;            {Initialisierung aufrufen
  repeat
    reset
    repeat
      schiessen;      {Quadrat beschießen
      if schuesse mod anzeige=0 then approximieren;  {alle 10 Schüsse pi berechnen
      if keypressed then ein:=readkey
      if ein='pi' then begin
        ein:=readkey
        anzeige:=1
      end  else anzeige:=10
    until (ein in ['n',chr(27)]) or (schuesse=65535);  
      {bei Tastendruck oder vor Überlauf abbrechen
  until ein=chr(27)
  closegraph;        {In Textmodus zurückkehren
end.

Bei drei Programmdurchläufen zu je 10 000 Schüssen erhielt ich beispielsweise die Näherungen 3,146162 , 3,164279 und 3,169600.


6. Kuriositäten und ein Paradoxon

6.1. Untersuchung der Ziffernfolge von Pi

Die große Anzahl an Dezimalstellen von pi , die man durch Verwendung von Computern berechnen kann, stellt eine "Spielwiese" für Statistiker und der Zahlenmystik verfallene Mathematiker dar. Zwei erstaunliche Entdeckungen sollen hier nur beispielhaft angeführt werden.

6.1.1. Magische Quadrate

T.E. Lobeck aus Minneapolis stieß auf das folgende magische Quadrat, in dem die Zahlen von 1 bis 25 eingetragen sind. Sodann setzte er die entsprechende Stellen von pi ein und bemerkte zu seiner Überraschung, daß der Summe jeder Zeile die Summe einer Spalte entspricht. (vgl. Castellanos 1988, S.81)
Magisches 5×5 Quadrat
1724 1 81565
23 5 7141665
4 613202265
10121921 365
111825 2 965
6565656565
Magisches 5×5 Quadrat Magisches Quadrat mit Ziffern von pi
2 4 3 6 924
6 5 2 7 323
1 9 9 4 225
3 8 8 6 429
5 3 3 1 517
1729252423

6.1.2. Kreiszahl und "Kreisbuchstaben"

graphics
Martin GARDNER erwähnte in einem persönlichen Gespräch mit Dario CASTELLANOS 1988 (S.81) folgende Kuriosität, die James Davis entdeckte.

Wenn man alle Buchstaben des lateinischen Alphabets in einem Kreis aufschreibt und jene, die eine vertikale Symmetrie besitzen, durchstreicht, so bleiben Gruppen zu 3, 1, 4, 1, und 6 Buchstaben übrig. Dies sind aber gerade die ersten fünf Ziffern des (gerundeten) Wertes von pi .

6.2. Das Geheimnis der Ziffernfolge

pi ist, entsprechend dem Beweis von Lindemann, eine transzendente Zahl. Das bedeutet, daß die Ziffernfolge von pi nicht periodisch ist und keinem Gesetz gehorcht, sondern nur einer "Zufallsverteilung" folgt. Daher müßte es irgendwo in diesem unendlichen Dezimalbruch einen Abschnitt geben, der diesen Satz, dieses Kapitel und diese Fachbereichsarbeit in codierter Form enthält. Dieser Gedanke läßt sich aber auch für größere "Datenmengen", wie die Encyclopaedia Britannica, fortspinnen und in letzter Konsequenz kann man das Paradoxon und die Vermutung wagen, daß es in der Ziffernfolge von pi Abschnitte für jedes Buch geben müßte, das jemals geschrieben wurde, geschrieben wird oder in Zukunft geschrieben werden könnte! (vgl. Gardner 1973, S.73f.)

Der Sinn der Berechnung extrem vieler Stellen von pi läßt sich mit zwei Sachverhalten erklären. Erstens bietet die Untersuchung der Dezimalbruchentwicklung von pi die Möglichkeit, die "Zufälligkeit" der Verteilung der zehn Ziffern in der Ziffernfolge von pi zu untersuchen. Außerdem bieten entsprechende Computerprogramme eine sehr effiziente Methode, die Hardware der Computer zu testen, da schon ein kleiner Rechenfehler große Folgen hat und viele falsche Stellen erzeugt. (vgl. Peitgen 1992, S.181)


7. Reihen und Produkte zur Approximation von Pi

(Die Konvergenzgeschwindigkeit bedeutet hier die Anzahl der Glieder, die benötigt wird, um 3 Dezimalstellen von pi zu bestimmen. Es wurden auf Grund des hohen Programmieraufwandes aber nicht alle Algorithmen berücksichtigt.)

ErfinderJahrTermKonvergenzgeschwindigkeit
Vieta1592formula7 Glieder
Wallis formula3857 Glieder
Lord William Brouncker1630-1684formula 
Newton1666formula 
Gregory (1683-1675) und Leibniz1673formula2455 Glieder
Gregory und Sharpum 1700formula 
Euler18. Jhdt.formula 
selbiger formula 
selbiger formula 
selbiger(Euler1) formula1612 Glieder
selbiger(Euler2) formula8 Glieder
C. F. Gauß (1777-1855) formula 
Ramanujan (1887-1920) formula 


8. Meilensteine in der Berechnung von Pi

MathematikerJahrberechnete Stellenfalsche Stellen
Vieta158010 Stellenalle korrekt
van Roomenum 160015 Stellen 
van Ceulenum 160535 Stellen 
Abraham Sharp (1651-1742)170672 Stellen 
John Machin1707100 Stellen 
Thomas de Lagny1719127 Stellen 
Georg von Vega(1756-1802)1793140 Stellenab der 137. Stelle
Thibaut1822156 Stellen 
William Rutherford1841208 Stellenab der 153. Stelle
Zacharias Dase1844200 Stellen 
Thomas Clausen(1801-1885)1847248 Stellen 
William Rutherford1853440 Stellen 
Prof. Richter (Elbing)1855500 Stellen 
William Shanks (GB)1874707 Stellenab der 527. Stelle
D. F. Ferguson (GB)1946730 Stellen 
John W. Wrench Jr. und Levi B. Smith1947808 Stellen 
G. W. Reitwieser (USA) auf ENIAC19492 035 Stellen 
S. C. Nicholson und J. Jeenel auf NORC19543 089 Stellen 
Felton auf Pegasus195810 000 Stellen 
F. Genuis (Paris) auf IBM 704195810 000 Stellen 
J. M. Gerard (London) auf IBM 7090196120 000 Stellen 
Daniel Shanks und John W. Wrench Jr. auf IBM 70901961100 265 Stellen 
Guilloud und Bouyer auf CDC 760019731 000 000 Stellen 
Yoshiaki Tamura und Yasuma Kanada (Japan) auf HITAC M-280H1983formula Stellen 
Gosper auf Symbolics198517 000 000 Stellen 
D. H. Bailey auf Cray-2198629 360 000 Stellen 
Kanada auf SX 21987formula Stellen 
Kanada1988201 326 000 Stellen 
Kanada auf HITAC S-820/8019891 073 740 000 Stellen 

9. Zusammenfassung

Die Form des Kreises beschäftigt die Menschen seit Jahrtausenden, denn spätestens seit der Erfindung des Rades , die sich die Eigenschaft, daß dessen Umfang endlich aber unbegrenzt ist, zunutze macht, haben Mathematiker immer wieder versucht, den Umfang oder auch den Flächeninhalt von Kreisen exakt zu bestimmen. Die Geschichte der Approximationen der Zahl pi ist deshalb auch ursächlich mit den Versuchen, den Kreis zu "quadrieren", verbunden. Dieses Problem gehörte mit zu den drei berühmten der Antike: "Würfelverdopplung", "Winkeldreiteilung" und "Quadratur des Kreises".

Diese Fachbereichsarbeit soll nun einen Überblick über die Versuche verschiedenster Kulturen, pi zu berechnen, bieten, wobei an Hand ausgewählter Beispiele besonders effektive oder bemerkenswerte Methoden gezeigt werden. Dabei lassen sich die Weiterentwicklung in der Rechentechnik und die Verfeinerung der Methoden von den Hochkulturen in Ägypten und Babylonien über das antike Griechenland, Mittelalter und Neuzeit bis ins Computerzeitalter heute beobachten. Darum dient ein einfaches Turbo-Pascal-Programm der Simulation einer Monte-Carlo-Methode zur Bestimmung von pi .

Weiters wird die immer exaktere Bestimmung des Werts von pi aufgezeigt, was schließlich zur Frage nach deren Sinnhaftigkeit führt. Eine tabellarische Aufzählung einiger Reihen, Produkte und Reihenbruchentwicklungen bietet einen Überblick über die zur Approximation von pi geeigneten Terme und eine Tabelle mit den zur jeweiligen Zeit bekannten Dezimalstellen von pi faßt die Geschichte der Approximationen noch einmal zusammen. Das im Anhang beigefügte zweite Turbo-Pascal-Programm hat die Aufgabe, die Konvergenzgeschwindigkeit der aufgelisteten Terme zu bestimmen, so weit dies auf Grund der internen Rechengenauigkeit möglich ist.


10. Anhang

Das folgende Turbo-Pascal 7.0 Programm diente mir dazu die Konvergenzgeschwindigkeit der in obiger Tabelle angegebenen unendlichen Reihen und Produkte zu bestimmen.

program Piapproximationen
uses crt

procedure init
begin
  textattr:=$0f;clrscr
  writeln('                           Approximationen von pi')

  window(1,2,80,50);textattr:=$49;clrscr
  window(2,3,79,39);textattr:=$07;clrscr;window(2,41,79,49);textattr:=$1f;clrscr
  textattr:=$17;writeln
  write('     Gliederzahl            Näherung für pi                Differenz')
  writeln;writeln;writeln;writeln;textattr:=$4f
  write('    "Genauer" Wert für pi: ',pi:19:17);clreol
end

function eingabe(text:string;x,y:byte):char
var taste:char
begin
  gotoxy(x,y)
  textattr:=$07
  write(text,'  ');write(chr(8))
  textattr:=$0f
  if keypressed then taste:=readkey
  taste:=readkey
  eingabe:=taste
  write(taste)
  if keypressed then taste:=readkey
end

procedure auswahl(var approx,stellen:byte)
var ein:char
begin
  window(2,3,79,39);textattr:=$07

  writeln
        writeln('           Mit welchem Algorithmus wollen Sie die Berechnung durchführen?')
  writeln
  writeln('                                A. Vieta')
  writeln('                                B. Wallis')
  writeln('                                C. Leibniz')
  writeln('                                D. Sharp')
  writeln('                                E. Euler 1')
  writeln('                                F. Euler 2')
  writeln
  repeat ein:=eingabe('Ihre Wahl:',22,13) until ein in ['a'..'f','A'..'F']
  if ein in ['a'..'f'] then approx:=ord(ein)-96 else approx:=ord(ein)-64

  writeln;writeln;writeln;textattr:=$07
  writeln('                    Wieviele Stellen (1-8) möchten Sie berechnen?')
  repeat ein:=eingabe('Ihre Wahl:',22,18)  until ein in ['1'..'8']
  stellen:=ord(ein)-48
end

function beenden:boolean
var ein:char
begin
  window(2,30,79,39);textattr:=$07
        writeln('           Wollen Sie noch eine Berechnung durchführen [R] oder beenden [E]?')
  writeln
  repeat ein:=eingabe('Ihre Wahl:',22,3)  until ein in ['r','R','e','E']
  if ein in ['e','E'] then beenden:=true else beenden:=false
  clrscr
end


procedure ausgabe(n:longint;wert:real)
begin
  window(2,41,79,49)
  textattr:=$1f
  gotoxy(4,5)
  write(n:8,'                ',wert:19:17,'       ',wert-pi:20:17)
end

procedure berechnung(term,stellen:byte)
var  t_1,e:real

    n:longint
    ein:char
    vorherok:boolean

  function potenz (Basis: integer;  expon: integer):real
  var i:integer
      pot:real
  begin
    if expon = 0 then potenz := 1
    else begin
      pot:=1
      for i:=1 to expon do begin
        pot:=pot*basis
      end
      potenz:=pot
    end
  end

  function FAKUL(x:integer):real
  begin
    if x<=1 then fakul:=x
      else fakul:=x*fakul(x-1)
  end

  function stellenok:boolean
  begin
    if trunc(e*potenz(10,stellen))=trunc(pi*potenz(10,stellen))
      then stellenok:=true
      else stellenok:=false
  end

  function vieta(glied:longint):real
  begin
    if glied=1 then vieta:=sqrt(0.5)
    else vieta:=sqrt(0.5+0.5*vieta(glied-1)); {rekursive Programmierung!
  end

  function wallis(glied:longint):real
  begin
    wallis:=(glied+glied mod 2)/(glied+(glied+1) mod 2)
  end

  function leibniz(glied:longint):real
  begin
    leibniz:=potenz(-1,(glied+1) mod 2)/(2*glied-1)
  end

  function sharp(glied:longint):real
  begin
    sharp:=potenz(-1,(glied+1) mod 2)/((2*n-1)*potenz(3,n-1))
  end

  function euler1(glied:longint):real
  begin
    euler1:=1/sqr(glied)
  end

  function euler2(glied:longint):real
  begin
    euler2:=1/glied/glied/glied/glied
  end

begin
  ein:=readkey
  e:=1
  n:=1
  case term of
    1:t_1:=vieta(1)
    2:t_1:=wallis(1)
    3:t_1:=leibniz(1)
    4:t_1:=sharp(1)
    5:t_1:=euler1(1)
    6:t_1:=euler2(1)
  end
  repeat
    vorherok:=stellenok
    inc(n)
    case term of
      1:begin
          t_1:=t_1*vieta(n)
          e:=2/t_1
        end
      2:begin
          t_1:=t_1*wallis(n)
          e:=t_1*2
        end
      3:begin
          t_1:=t_1+leibniz(n)
          e:=t_1*4
        end
      4:begin
          t_1:=t_1+sharp(n)
          e:=2*sqrt(3)*t_1
        end
      5:begin
          t_1:=t_1+euler1(n)
          e:=sqrt(t_1*6)
        end
      6:begin
          t_1:=t_1+euler2(n)
          e:=sqrt(sqrt(t_1*90))
        end
    end
    ausgabe(n,e)
  until stellenok and vorherok
end

procedure menue
var term,stellen:byte
begin
  repeat
  auswahl(term,stellen)
  berechnung(term,stellen)
  until beenden
end

BEGIN
  init
  menue
END.


11. Bibliographie

  1. BAUER, M.: Die Zahl pi. Maturahausarbeit, 1927/28
  2. BOYER, CARL B.: A History of Mathematics. John Wiley & Sons, Inc., New York, London, Sydney 1968
  3. BRONSTEJN, I.N., Semendjajew K.A.: Taschenbuch der Mathematik. Deutsch, Stuttgart, Leipzig; B.G.Teubner, Thun und Frankfurt am Main, 25. Auflage 1991
  4. CASTELLANOS, D.: The Ubiquitous pi. Aus: Mathematics Magazine, S.67-98, Vol.61, No.2, April 1988 und S.148-163, Vol.61, No.3, June 1988
  5. DEWDNEY, A. K.: Computer-Kurzweil. Spektrum-der-Wissenschaft-Verlagsgesellschaft, Heidelberg 1988
  6. EHRENFRIED HOFMANN, J.: Geschichte der Mathematik. In: Sammlung Göschen Bd.226, Erster Teil, Walter de Gruyter & Co., Berlin 1953
  7. GARDNER, M.: Mathematische Knobeleien. Friedr. Vieweg + Sohn, Braunschweig 1973
  8. KOECHER, M.: Klassische elementare Analysis. Birkhäuser Verlag, Basel, Boston 1987
  9. KRANZER, W.: So interessant ist Mathematik. Aulis Verlag Deubner & Co KG, Köln 1989
  10. MÄDER, P.: Ein historischer Überblick zur Berechnung der Kreiszahl. Aus: ZDM 89/2
  11. MAINZER, K.: Geschichte der Geometrie. B formula I formula -Wissenschaftsverlag, Mannheim, Wien, Zürich 1980
  12. MÖWALD, R.: Eine analytische Idee von Wallis (1616-1703). Aus: Wurzel - Verein zur Förderung der Mathematik an Schulen und Universitäten e.V. (Hrsg.): Die formula S.115-118, Heft 6/93, Jena 1993
  13. KAISER, H.; NÖBAUER, W.: Geschichte der Mathematik. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1984
  14. PECH J.: ITERATIONEN und einige Anwendungen. Referat, gehalten am 31. März 1989 im Rahmen der Lehrerfortbildungstagung 1989 (veranstaltet von der Didaktik-Kommission der Österreichischen Mathematischen Gesellschaft und dem Pädagogischen Institut des Bundes für Niederösterreich)
  15. PEITGEN H.-O.: Fractals For The Classroom, Part One: Introduction to fractals and chaos. Springer-Verlag, New York 1992
  16. REICHEL, H.-C. (Hrsg.): Fachbereichsarbeiten und Projekte im Mathematikunterricht. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1991
  17. REICHEL, H.-C., MÜLLER, R., HANISCH, G. und LAUB, J.: Lehrbuch der Mathematik 7. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien, 2.Auflage 1992
  18. SIMON, H.: Mathematik, Formeln und Gesetze. VEB Fachbuchverlag, Leipzig, 4.Auflage 1985
  19. WELLS, D.: Das Lexikon der Zahlen. Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1990
  20. WIESENBAUER, J.:Algorithmen zur numerischen Berechnung von pi. In: Anwendungsorientierte Mathematik in der Sekundarstufe II. In der Schriftenreihe: Didaktik der Mathematik. Verlag Johannes Heyn, S.301-308 Band 1 Klagenfurt 1976

Ich erkläre, daß ich diese Fachbereichsarbeit selbst verfaßt habe und daß außer der angegebenen Literatur keine weitere verwendet wurde.


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Sept. 12, 2001